Das Fallen. Die Falle.

 

Fotos richten sich an jemanden, an eine Öffentlichkeit, egal, welche. Sie werfen den Betrachtern etwas zu, was immer eine Täuschung ist. Nur der Fotograf, die Fotografin, in diesem Fall die Komponistin/Fotografin, weiß, was los ist. Wir täuschen uns darin immer. Sie spielt uns sich selbst zu, sie spielt sich aus (nicht auf!), wirft sich da hin, jeden Tag wieder, einmal am Tag, vor dem Arbeitsbeginn (das ist immerhin eine klare Angabe, und es ist ihre eigene Vorgabe, Aufgabe? Gibt sie sich für diesen einen Moment, in dem sie sich selber aufnimmt, gleichzeitig her, wofür gibt sie sich da her? Nur für sich. Wichtig ist ihr ja, sich bei sich aufzunehmen, indem sie sich da hergibt, wir sind ihr nicht wichtig. Sie macht das nur für sich selbst), da legst di nieda, da stellst du dich fest, in der Arretierung des Abdrückens, des auf den Knopf Drückens, was nicht Wegdrücken, sondern Aufnehmen bedeutet. Diese Fotos, die Olga Neuwirth da gemacht hat, von sich, jeden Tag eins, stellen fest, daß sie arbeiten muß, an einer Komposition, einer Oper. Das System der Töne, das sie notieren muß, wird sie gleich nach dem Abdrücken aufsaugen, aber sie will natürlich diesen Abdruck davor hinterlassen, bevor die Musik, diese totale Organisation, die gleichzeitig das Anarchische ist, das Unbezähmbare (die Aufgabe der Komponistin: Das Zähmen, Notieren, Festhalten dessen, das erst entstehen wird, und sie weiß, wenn auch vielleicht nicht immer?, wie das dann klingen wird; manchmal wird sie aber auch eine Beute des Nichts werden, bei der totalen Organisation der Überwältigung durch die Töne, die daraus entstehen sollen. Also ein seltsamer Vorgang: die totale Ordnung der Noten-Notate, ein eigenes, sehr kompliziertes System, hineingeworfen in Überwältigung durch Klänge, und die Klänge gäbe es nicht ohne diese Ordnung des Aufschreibesystems, als wollte man eine systemlose Macht, die einen zu überwältigen droht, durch die Notation einer andren Überwältigung, die aber erst nach dem Aufschreiben eintreten wird, zähmen. In den Griff bekommen) sie aufsaugt. So wie man sich selbst durch das Fotografieren jeden Morgen in den Griff zu bekommen sucht, bevor man sich einem Klang, der durch das Aufschreiben erst fixiert werden soll, wieder ausliefert.

Der Fotograf Severin Koller hat, sehe ich gerade, seine Zeit als Grundwehrdiener beim österreichischen Bundesheer festgehalten. Eine Fotoreportage seiner selbst (und seiner Kameraden) geschaffen. Er hat eine Uniform getragen, er beschreibt diese Zeit, die aus einer Mischung unerträglicher Langeweile mit Warten auf etwas bestanden hat, das sicher kommen wird, auf den Befehl; und bei all dem Warten ist Genauigkeit auch noch etwas, auf das streng geachtet wird beim Heer -- wenn das Bett nicht genau nach Vorschrift gemacht ist, wird alles wieder auseinandergerissen und muß neu gemacht werden -- und größter Anstrengung (Marschieren mit 35 kg Gepäck), manchmal bis zum Zusammenbruch. Diese Aggregatzustände, die plötzlich bis zur Aggression hochgepeitscht werden, folgen dicht aufeinander. Man wartet auch, daß man gefährlich wird, mit scharfer Munition (endlich! warum wäre man sonst überhaupt zum Heer gegangen?) schießen darf, die wiederum von den Vorgesetzten streng rationiert und nachgezählt wird, damit nichts passiert. Ein Mensch, der für einige Zeit dem Staat gehört und der vom Staat strengstens reglementiert wird, von außen. Und sobald der Vorgesetzte, der Ausbildner, der aus diesen jungen Menschen Bilder machen soll?, aus dem Zimmer ist, machen sie alle Blödsinn, die Rekruten. Dieser Alltag scheint aus winzigen Ordnungssystemen zu bestehen, man muß die Seriennummer seines Sturmgewehrs auswendiglernen, nach jedem Gebrauch die Waffe zerlegen und putzen, dann wird kontrolliert. Es wird immer kontrolliert. Aber sobald die Kontrolle vorbei ist, fallen die jungen Soldaten wieder ins Warten zurück, aus dem sie doch immer aufs neue herausgejagt werden, zu wahnwitzigen Kraftanstrengungen oder einer Gespanntheit, aus der oder zu der sie hervorschießen müssen. Alles Dinge, die man nicht im Vorbeigehen erledigen kann, sie sind das Notwendige, das erledigt werden muß. Und sie vergehen, diese Dinge, aber eben nicht im Vorbeigehen, sie vergehen, verrinnen in den Entscheidungen anderer. Bis sie wieder in die äußerste Untätigkeit verfallen, der einfachsten Entscheidung über die Dauer des Schlafs oder Herumlungerns enthoben.

Olga Neuwirth trägt auch eine Uniform, wenn sie sich fotografiert. Es ist die Uniform des offiziellen US-Arbeiters (und sie kann nur mit einer US-Kreditkarte, also in diesem Fall von einem Freund, der so eine besitzt, erworben werden, nicht von jedem beliebigen Ausländer), es ist offenkundig ebenfalls etwas Staatliches, irgendwie Offizielles, in das die Komponistin hineinschlüpft, bevor sie bei sich selbst zum Dienst antritt; sie wird sozusagen durch den Arbeitsoverall beglaubigt, die Kleidung einer Namenlosen bekommt ihren Namen, der schlicht: OLGA lautet, denn auch ihr Produkt, ihre Arbeit wird ja ihren Namen tragen. Man kann sich im Netz aussuchen, wie man es haben will, den eigenen Namen weiß man schon, was also fehlt noch? Daß der Name zum Kleidungsstück hinzukommt, das hat uns noch gefehlt! Daß das Kleidungsstück die Schöpferin beglaubigt. Was sie selbst herbeigeführt hat. Sie ist sie selbst, und was sie macht, ist daher von ihr. Ich bin, der Ich sein werde. So spricht der Schöpfer, der hier eine Frau ist, die sich nicht selbst gemacht hat, die aber selbst etwas machen kann. Ich bin eine Schöpferin, ich bin so da, wie ich es will, und ich mache, was ich will, ich und keine andere bin es, damit etwas sein wird. Zur Sicherheit habe ich auch noch auf der Kleidung meinen Namen anbringen lassen. Damit man weiß, mit wem man es zu tun hat, nämlich und namentlich mit jemandem, der etwas tut. Man kann alles wählen, was der Schöpfer ursprünglich nicht konnte, denn er hatte nur Eine Wahl, und das war Seine Wahl, weil das, was Er gemacht hat, das war, was sein mußte (während die Schöpferin später für ihr Stück Musik alles auswählen kann, nur daß sie dann jedes Mal selbst notieren muß, was sie und wie sie es haben möchte). Es wird gewählt die Größe der Schilder, die Schriftart, Farbe und Dicke des Zwirns, alles, ein für allemal eingewebt, in unzähligen Varianten, und alle streng geschützt, aber nach dem eigenen Wünschen -- und daß es die eigenen sind, beweist ja das Namensschild! -- zu modifizieren. Zahllose Möglichkeiten, um in den grenzenlosen Möglichkeiten der Arbeit am musikalischen Material unterzutauchen (und mit dem, was man gefunden hat, weil man genau das gesucht hat, wieder aufzutauchen). Die Möglichkeiten treten gegeneinander an, bis sie konkret werden, sich materialisieren, entweder als das Material selbst, hübsch in Stoff eingewebt und beglaubigt, oder als das Ergebnis der eigenen Arbeit (ist sie noch eigener als das, was den eigenen Namen trägt, aber jederzeit wieder ausgezogen werden kann, oder ist sie das Bleibende als das Eigenartige, das die eigene Art des Schreibens in von der Künstlerin bestimmte Klänge umwandelt? Sicher ein Vorgang höchster Eigenart, auf die Spitze getriebene Individualisierung, ein Gefüge von Tönen, jeder ganz eigen auf seine Art, aber festgelegt, festgehalten, festgebunden, keiner verläßt mehr seinen Platz! Sonst muß er seinen Notenkopf an der Stechuhr abgeben!). Ja, und dazu stempelt die Komponistin auch noch jeden Tag, vor dem Gang zum Schreibtisch und am Ende der Arbeit (um sich der beginnenden und endenden Arbeitszeit selbst zu vergewissern, um das Beginnen und Verstreichen der Zeit durch eine Art Maschine zuerst sich selbst zuzumessen und danach nachzumessen, ob sie auch wirklich vergangen ist, und zwar ihre Lebenszeit wie ihre Arbeitszeit, welche Lebenszeit schließlich IST, bis man die Arbeit abschließen kann: Jawohl, die Listen, die geführt werden, beglaubigen das eindeutig!), und zwar mit einer Stechuhr. Hier habe ich einen Tag auf Papier vor mir liegen: Vormittag: Ein- und Ausgangsstempel, Nachmittag: Ein- und Ausgangsstempel. Unten die Unterschrift, mit der die Arbeitende sich selbst eben: beglaubigt, aber was sie und ob sie was getan hat, zeigt der Stempel ja nicht. Jeden Tag hält die Komponistin sich (weil sie sich sonst nirgendwo anhalten kann?) auch noch auf (an?) dem Foto fest, das sie jeden dieser Tage wieder macht (und sie sieht jeden Tag anders aus, ist aber immer sie selbst), und ihren Schreibtisch, also ihren Arbeitsplatz, fotografiert sie auch jeden Tag. Kein Zweifel, sie ist: da. Doch ist sie es? Sie ist es. Ist sie es wirklich? Einerseits ist sie wirklicher als wirklich, denn jeden Tag trägt sie diese Uniform des Arbeiters, andrerseits ist sie in der Uniform eine andere (wie die jungen Rekruten auf den Fotos des Fotografen in der Rolle des Rekruten, aus deren Uniform ein ganzes System abzuleiten ist, das sie aber gleichzeitig hervorbringt, erfunden hat, wenn man so will, die Soldaten sind schon immer von den Systemen erfunden worden, damit diese sich selbst erhalten, aufrechthalten konnten). Doch nach dem Arbeits-Foto Olgas bricht nicht die Langeweile und Apathie des Rekruten aus, den dann keiner kontrolliert, der wartet, auf etwas, von dem er eben weiß, daß es fällig wird (sonst ist er fällig, wenn er dann nicht bereit ist!), auf diesen Fotos der Komponistin wird nichts festgehalten, damit die Leere durchbrochen ist, die gleich wieder zuschlagen wird, sondern es bricht die Ordnung der Arbeit, der Notation von Musik, aus, die immer nur ein Haarbreit von der Umklammerung des Anarchischen (das ist Musik auch: durch äußerste Ordnung und Präzision das Unwägbare, Unmeßbare herstellen, indem man es wäg- und messbar macht, wie etwa mit Oszilloskopen etc.) entfernt ist. Fotos sind scheinbare Ordnung, beim Grundwehrdiener vielleicht auch etwas, mit dem er sich wehrt gegen diese Zumutungen (Schnarchen des Nachbarn: Da hat man leider Pech gehabt!), die der Dienst mit sich bringt, bei der Komponistin kein Sich-Wehren, sondern ein Sich-Hingeben an die Ordnung, die sie gleich schaffen wird müssen, sobald sie sich an den Schreibtisch (der auch festgehalten wird, aber ich glaub nicht, daß der jeden Tag verrückt wird, da wird eher die Komponistin verrückt als der, Entschuldigung!) setzt und Noten schreibt. Die Macht des Aufschreibesystems, die Möglichkeit der Totalität (in Gestalt von totaler Organisation des Anarchischen), wird mit Hilfe einer Kamera festgehalten, vielleicht damit die Fotografierende nicht eingesogen wird von dem, was sie gleich tun wird? Ist das auch eine Form des Sich-Wehrens gegen das Unvermeidliche, das doch absolut freiwillig vonstatten geht (während der Rekrut einfach nur MUSS, sonst wird er eingesperrt)? Kann die Komponistin nicht anders und will sie das, was sie nicht anders kann, nein, das was sie kann, könnte sie auch anders?, aber sie kann nicht anders, als es zu tun, es ist eine Selbstverpflichtung, könnte man sagen, und vielleicht muß sie sich auch deshalb festhalten? Weil sie sich diesem Irrsinn selbst verpflichtet hat und darin jederzeit verschwinden könnte (wie die großen chinesischen Meister, die ich immer wieder heranziehen muß, die in ihre Bilder hineingegangen und verschwunden sind. Es wurde damals hinzugefügt: Die Frau ist kein großer Meister, sie taucht immer wieder auf, beschäftigt, wie sie ist, mit dem Verschwinden)? Hat diese fotografierende Meisterin Angst vor diesem Verschwinden, sieht sie es als eine Möglichkeit? Oder will sie verschwinden, aber nicht von der Oberfläche (man sagt: von der Bildfläche!), sondern sich festlegen vor ihrem Werk, sich extra behaupten davor: Schau her, du zerrst an mir und willst mich vernichten, aber ich bleibe übrig! Was bleibt mir auch übrig? Bevor ich mich in das Werk stürze, bleibe ich schon (noch) übrig. Bleibe schon ich übrig. Oder nur etwas von mir? Ist es das Beste von mir, was da in mein Werk hineingestopft, hineingebuttert wird? Dem Werk eingetrichtert wird? Aber das Werk ist auch meins! Und was immer ich hineingebe, es bin ich, die das tut (im Französischen: c'est moi oder: c'est je? Englisch: It's me oder: it's I? Ich kann mich nicht entscheiden. Denn auf den Fotos sind Signifikant und Signifikat eins, bzw. es existiert nur der Signifikant, der jedoch allein deshalb da ist, weil das, was bezeichnet, geschrieben werden wird, kommen muß. Sie müßte schon eine Entfesselungskünstlerin sein, die Frau, die sich da jeden Tag festhält, ohne sich festhalten zu können, um von sich wieder loszukommen)!

So wie Fotos immer Beweise sind, daß jemand existiert oder existiert hat, zur Beurteilung freigegeben, ja sogar der Nachwelt preisgegeben, denn jeder, der sich fotografiert oder fotografieren läßt, will für sich ein Stück Ewigkeit, will fortleben, und wäre es in starrer Pose, jeder selber als sein eigenes Ordnungssystem, vielleicht auch versichert gegen das Verschwinden, das uns bevorsteht, so sind diese Fotos Olga Neuwirths gleichzeitig ein Gebundensein an eine Situation, wacklig wie ein Felsbrocken, der jederzeit hinunterstürzen könnte, er liegt ja ganz am Rand einer Klippe, und ein sehr bewußtes, nicht dem Zufall überlassenes Hineingehen in ein ganz anderes Ordnungssystem von Noten und Pausenzeichen, von präzisen Angaben für Sänger und Musiker, die wiederum in der Musik immer, und wäre man noch so genau, nur eine Annäherung sein können, bevor man das Werk an seine Interpreten ausliefern muß (und es ist immer nur so gut wie die Interpreten, die es dann machen müssen. Sie machen es, die Komponistin muß es ausbaden, bevor sie, als Kind, mit dem Bad ausgeschüttet wird, alles letztlich ein Sich-Ans-Nichts-Ausliefern bzw. Ausgeliefertwerden), sie sind ein Festhalten mit dieser Arretierung oder in der Fokusfalle, als letztem Moment, über den man noch Macht hat, zu der man sich selbst ermächtigt hat, bevor man sich ausliefert, weil man eh immer schon: geliefert ist. Da hat man Erfahrung erworben in dem, was man tut, und die Komponistin/Fotografin hat ihre eigenen Erfahrungen gemacht, sie hat Erfolge gehabt, hat ihr Werk aufgeführt gehört, oft, ist vielleicht neugierig auf die nächsten Aufführungen, aber es muß sie sein, sie selbst, und wäre es nur in diesem einen Moment der Selbstversicherung, daß sie da ist, daß sie es ist, die da ist, und keine andere (sie kann sich nachher selbst davon überzeugen, das Foto ist ja da!), kann sie alles zulassen, was kommt, aber nicht von selber, sondern von ihr gemacht. Sie kann alles zulassen, nachdem sie sich an sich selber festgehalten hat (und für andere, nicht nur für sich selber! Die anderen wissen jetzt auch, daß sie dort war, wo sie sich festgehalten hat), und da grinst etwas, nicht diejenige, die sich festgehalten hat, grinst (sie lächelt nur selten auf den Fotos, vielleicht gar nie), es grinst da eine Leere heraus, die weiß, daß sie Siegerin bleiben wird, egal, womit sie gefüllt werden wird, die Leere ist nämlich die größte (und gleichzeitig nicht stillste, sondern: herausforderndste) Macht; je mehr man sie füllt, umso größer wird sie, man kann sie nicht füllen, nicht bis zum Rand, so soll wenigstens das Foto eine Begrenzung haben, hinter der man Grenzenlosigkeit ahnt. Die Fotografie ist vielleicht überhaupt nur erfunden worden, damit man, indem man sie festhält, die völlige Verlassenheit und Ausgeliefertheit der Menschen auf solchen Bildern ahnen muß, denn so beschränkt wie diese Fotos können Menschen unmöglich sein. Dahinter ist mehr, viel mehr, ein ganzes Leben! Und bei Olga ist da ein ganzes Schaffen, eine Art Fülle fürs Leben, das dadurch aber nicht größer wird, je mehr man hineinstopft, umso gefährdeter wird es, umso größer das Nichts ringsherum. Und auf diesen Fotos zeigt sie kurz ihr Wesen, an dem die Leere nicht zerbricht, aber die Komponistin zerbrechen könnte, wenn sie auch nur einen Schritt weiterginge, in ihrer Widerstandslosigkeit. Nein, das stimmt nicht, es ist nicht Widerstandslosigkeit: Das Aufschreiben von Kompositionen, die einmal erklingen sollen, ist nicht Widerstand, aber es ist vielleicht ein: Gegen. Im Schreiben, das nach dem täglichen Foto kommt, bäumt sich die Leere, die das Bild umgibt, immer wieder auf, gegen das Gegen (eine Sonderform der Leere, eigens von mir erfunden), bevor es, das Schreiben, sich dem Nichts übergibt, als äußerste Ordnung, die aber gleichzeitig umsonst ist, denn die Leere, das Nichts gewinnt immer. So schafft die Komponistin also das Gegen und gleichzeitig das: Umsonst (eine andere Sonderform der Leere -- war immer schon da). Und weil sie das schafft, ist es endlich dann ein Etwas geworden, bevor das Nichts sie und ihr Werk überwältigt. Was aber nur geschehen kann, weil das Werk da ist. Und die Schöpferin ist auch da. Sie sehen sie hier, auf diesem Foto, auf diesem und auf dem dort auch. Auf allen. Es ist in allen. Sie hat es in der Hand (und nicht ein anderer, der das Fallen "unendlich sanft in seinen Händen hält", wie das bekannte Rilke-Gedicht spricht), das Fallen, das niemandem gefallen will, weil es immer nur sein eigenes Zeichen ist, indem es Zeichen schreibt, die doch immer wieder auf das Fallen verweisen. Das Foto ist die Falle. Aber dadurch, daß die Komponistin es selbst macht und ihr eigener Gegenstand ist, kann sie dieser Falle entkommen. Und damit wird sie gehalten, die Komponistin, indem sie es hält. Festhält. Für keinen. Für sich.

 

 

 

Fotos: Olga Neuwirth

2.2.2013


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