Cheibani W.

Notiz vom 23./24.7.2003

(Nachtrag am 26.6.2008)


Cheibani W.


Polizistinnen und Polizisten, es gibt einen lagebedingten Erstickungstod durch Festnahme. Bitte  bestätigen Sie nicht mein Vorurteil, daß Sie das nicht wissen oder drauf vergessen! Diese Erkenntnisse sind nicht neu, daß man einem Menschen nicht mit Verpackungsbändern den Brustkorb zupicken kann, bis er nicht mehr atmen kann, und auch die Erkenntnis, daß man niemand auf den Bauch legen und sich auf seinen Brustkorb stellen darf, weil er sonst sterben kann, ist nicht neu. Besuchen Sie Fortbildungskurse und lernen Sie auch das neu, wenn Sie es vielleicht vergessen haben! Vergessen Sie nicht, die Menschen erlahmen Ihnen unter den Fingern und verlöschen, wenn Sie so mit ihnen umgehen! Und zwar auch Menschen, mit denen Sie im Alltag den Umgang vielleicht scheuen, weil sie anders sind als Sie. Die sterben genauso. Ich will das hier nicht sagen müssen, aber das Schreckliche, das Schädliche setzt oft erst ein, wenn das Nützliche nachläßt, nützlich zu sein, und das Nützlichste ist vielleicht die Tatsache, daß alle Menschen leben wollen, und die es nicht wollen, die sagen es schon rechtzeitig oder tun was dagegen. Nützlich wären Ihre Kenntnisse vom Körper der Menschen, mit denen Sie es zu tun haben. Sie Arzt, Sie wissen das doch sicher, warum stehen Sie daneben und schauen nur? Warum schauen Sie nur, wenn Sie doch was gelernt haben und diesen Nutzen der Festnahme eines offensichtlich in diesem Augenblick Gestörten, mit wenigen Handgriffen in etwas Funktionierendes zu verwandeln können, damit der Mensch atmen und am Leben bleiben kann?  Was haben Sie gelernt? Daß der Vorteil Ihres Gelernten nur zu Ihrem eigenen Vorteil sein soll und Sie nichts machen können oder müssen?

 


"Fixierung"

Dafür lädt uns die Kronenzeitung zu einem Gespräch der Selbstverständlichkeiten zwischen Ich und Ich ein, und beide Ichs haben es immer schon gewußt: die Wahrheit ist immer da, die macht keine Pause, obwohl sie sich von dieser Zeitung nährt.  "Nichts zu sehen"; ist die Überschrift, die ein Herr Claus Pándi sich ausgesucht hat, nur weiter so mit den Feinheiten! Der Herr wundert sich nicht über die Hitze, denn die ist eine Naturgewalt, aber er sagt uns, was die Natur in der Hitze eines einseitigen Gefechts zwischen einem gefesselten Menschen, dem Mauretanier Cheibani W., der eine dunkle Haut hat, weil er wahrscheinlich mit Drogen zu tun hatte oder mit Drogen zu tun hatte, weil er eine dunkle Haut hat oder mit Drogen zu tun hatte, weil er seine Haut retten wollte, ist ja auch egal, nach sechs Tagen jedenfalls weiß man es immer noch nicht in der Gerichtsmedizin, weil es offenbar sehr schwer ist, die Droge in dem Blut herauszufinden und mit dem Pflanzenbestimmungsbuch zu bestimmen.  Auch egal, es herrscht jetzt Gelassenheit und Ruhe bei den Kronenträgern, die sicher und tapfer in ihre Hosen und Röcke eingehängt worden sind, nur nicht aufpudeln, nur keine "recht künstliche Aufregung"; über den Tod im Wiener Stadtpark! Bitte, das kann ich verstehen. Es hat ja weder eine künstliche, noch eine künstlerische noch eine sonstwelche Aufregung geherrscht bei den Herren und der Dame Polizist, die auf dem Brustkorb des auf dem Bauch liegenden schwarzen Mannes (damit keiner mehr Angst haben muß vorm schwarzen Mann! ) draufgestanden sind (manche haben auch wie bei einer Großwildjagd ihren Fuß auf das erlegte, erledigte Wild gesetzt, das haben sie sicher so im Fernsehn gesehn, aus der Nähe wollen sie es aber natürlich auch sehn, wann hat man schon eine solche Gelegenheit?), der Mann lag also auf dem Bauch, auf seiner Lunge und seinem vorgeschädigten Herzen, aber wer soll denn wissen, daß der Mann schon vorher beschädigt war? Jetzt haben wir ihn so mühsam geschädigt, wenn wir gewußt hätten, daß er schon geschädigt war, hätten wir uns die Mühe doch nicht erst machen müssen! Wäre er gesund gewesen, wir hätten alle miteinander gefahrlos auf ihm draufstehen können, auch wenn er sich in fixierter Bauchlage befand, an Händen und Füßen gefesselt, wenn Sie wüßten, was das für eine Arbeit ist, einen Tobenden zu fixieren! Reden Sie nicht so daher, denn Sie wissen es nicht, Frau Moral-Autorin! Mit dem ganzen Moralin in Ihren Adern hätten Sie einen tobenden Neger nicht beruhigen können, und wenn Sie es sich persönlich abgezapft hätten, Ihr Herzblut, na also! Das dauert, bis der endlich ruhig ist, aber das dauert uns nicht. Noch dazu einen fixieren, der so schwarz gewesen ist wie der und ganz gewiß auch schwarz gearbeitet und überhaupt schwarz hier gewesen ist oder auch nicht.  Und die Erfahrungsarten der Menschen gegenüber den anderen, denen man ihr Anderssein sofort ansieht, wie ein berühmter Herr Landeshauptmann einmal so oder so ähnlich gesagt hat,  sind ja nur logisch, sie sind quasi eine natürliche Betrachtungsart dem Anderen gegenüber. Auch die Kronenzeitung unterstützt das ja ausdrücklich, und sie würde es noch besser unterstützen, wenn sie sich wenigstens ausdrücken könnte. Macht nichts, wir verstehen sie auch so. Auch wenn sie nichts sagt oder etwas Nichtssagendes sagt, verstehen ihre Kunden sie. Denn sie ist das Organ des Natürlichen, in uns oder wo anders, egal. Wir wissen ja nichts, wir sehen alles, aber wir wissen nichts, aber daß der anders ist als wir, das haben wir natürlich sofort gesehen, das war ja nicht zu übersehen, und in diesem Fall heißt sehen: wissen. Dieses Naturdings, dieser Mensch, dieser Organismus oder was er ist, dieses bloße Vorhandensein eines rabiaten Dings, denn der Neger ist immer rabiat, er ist ja Der Wilde, und Der Wilde ist rabiat, auch wenn er Atomphysik studiert hat und zehn Sprachen auswendig kann: Ein Mensch ist er vielleicht trotzdem nicht, denn zur Menschlichkeit gehört mehr als Atomphysik und Sprachkenntnisse, entscheidend ist: Er ist ja so anders als wir! Also was anders ist, das muß erst mal bestimmt werden, und zwar von uns, von wem denn sonst, es ist ja kein andrer da, der sagt, was das Andre sein könnte, es wird also von uns definiert, definiert wie ein Muskel von Arnie, dem berühmtesten Inländer im Ausland (aber das ist was ganz andres! Das gehört nicht hierher), das machen wir jetzt, wir bestimmen ihn wie eine Pflanze, obwohl wir kein Bestimmungsbuch brauchen, wir sehen ja, wie anders er ist, und seinen Charakter, den brauchen wir gar nicht erst zu bestimmen, den haben wir schon bestimmt, und weil wir gut sind, ist der, weil er anders ist als unserer, natürlich schlecht. Für die Fortgeschrittenen unter uns: er ist schlecht, weil er ein Seinscharakter ist, und wenn das Sein schlecht ist, ist auch der Charakter schlecht. Sowas darf es einfach nicht geben, daß jemand nicht ist wie wir. Etwas andres als uns darf es einfach nicht geben, das sehen wir sogar, wenn wir kleine Kinder sind, ja sogar Babies, sogar die reagieren auf ein unnatürliches schwarzes Gesicht ganz natürlich mit Schreien, und wir reagieren natürlich später genauso entsprechend. Nur keine Aufregung, es ist natürlich, vollkommen natürlich, es ist sozusagen einfach und es ist natürlich wie ein Monatsschutz, denn der Monat muß geschützt werden, der Mensch selbst braucht das nicht, der kann sich selber schützen, außer er ist eine Frau. Und eine Frau ist zwar noch kein Neger, da hat sie Glück gehabt, aber eine Frau ist auch oft anders als sie sein soll. Obwohl wir ihr gesagt haben, wie sie sein soll. Den Negern sagen wir auch, wie sie sein sollen, aber es nützt nichts. Die sind wie sie sind. Vielleicht können sie nichts dafür, aber sie hören einfach nicht auf uns und unsere ihnen erwiesenen Gefälligkeiten wie dieses schöne Afrikadorf im Stadtpark, das so gut gemeint und ausgeführt war. Na, die Gedenkstätte für den Toten haben sie gleich abgefackelt. Brav. Die Gegebenheit dieses Andersseins ist eine Natürlichkeit, der Mann kann, wie gesagt, vielleicht nix dafür, daß er schwarz ist und von wo andersher kommt als wir, also wir tun ja nix anderes, als diese natürliche Gegebenheit fixieren, indem wir ihn selbst durch Fesseln und Haldol-Spritzerln fixieren. Damit wir ihn uns endlich in Ruhe anschauen können,  was wir schließlich müssen, damit wir sehen, wie anders er ist, denn von selber gibt der ja keine Ruh und läßt sich nicht gern in Ruhe betrachten, damit wir später vermeiden können, selber anders zu werden. Zuerst müssen wir ihn studieren, dann müssen wir vermeiden, so anders zu sein wie der. Er ist also in Bauchlage in seinem Anderssein fixiert worden, und jetzt ist er ein medizinisches Präparat, jetzt spießen wir ihn auf die Nadel, damit wir ihn, er ist eh schon halb tot, tja, inzwischen ganz, fürchte ich, also so tot hätte er auch wieder nicht sein müssen, damit wir ihn uns einmal genauer anschauen können, wie verschieden er zu uns ist, bevor er uns verscheidet. Diese Leute halten nie lang genug still, damit wir von ihnen was lernen können: anders zu sein als sie. Wir werden nicht so leicht in Bauchlage erstickt, aber es kann auch uns passieren. Ist schon passiert. Dieser Mensch ist ein Lebewesen, also ist er eins: gewesen. Es hat ihn zumindest einmal lebend gegeben. Die Krone berichtet ja seit Tagen ausführlich und objektiv genug und zur Vorsicht mahnend genug darüber. Bitte, der "Falter"; sagt etwas ganz anderes, aber das tut er ja immer, aus Prinzip, er macht uns Vorhaltungen, aus Prinzip, so wie ich Moralinsaure auch immer Vorhaltungen mache, weil meine Moral mir immer so sauer aufstößt, ich kann nichts dafür, sie will heraus, ich würde auch aus meiner Haut heraus wollen, wenn ich nur könnte, aber diese schwarze Haut hier, die würde ich auch wieder nicht haben wollen. Und überhaupt. Was sollen wir uns deshalb Verhaltungen antun? Nur weil der Moralistiker uns was vorhält? Also ein Spiegel ist das nicht, was er uns da vorhält, den brauchen wir auch nicht. Wie wir ausschauen, das wissen wir auch so. Einen Spiegel haben wir zuhaus.

Und er hat auch das Amateurvideo gezeigt, der Falter, auf dem gezeigt wird, daß absolut nichts zu sehen ist.  Das ist ein Video, das dem Sehen dienen sollte, aber da ist nichts zu sehen. Keine Tätigkeiten. Ein Film ist doch dazu da, daß man sieht, wie jemand was tut. Aber hier sieht man nichts. Man sieht das Nichtstun. Bitte, das könnten wir ja noch verstehen, wenn es an der Adria oder in der Karibik stattfände, dort könnten wir das Nichtstun recht lang aushalten und jeden Tag danach eine Dusche nehmen. Da ist nicht zu sehen auf dem Monte Video, da ist nicht zu sehen, wie ein Arzt amtsarztet, da ist nicht zu sehen, wie Sanitäter ihrem Sanitärbedarf nachkommen und etwas zum Heil von jemand machen, da steht der Rettungsarzt und hat die Hände in den Arztaschen, ich meine in den Hosentaschen, ein Beamter, kein Zweifel, und er schaut zu. Bitte, warum nicht, wir schauen ja auch zu, wenn das Video im TV gezeigt wird. Warum soll also dieser Arzt nicht zuschauen? Und was sagt der Herr Innenminister dazu? Er sagt, zu dem Arzt kann er gar nichts sagen, weil der gehört ihm nicht, der untersteht sich, der Gemeinde Wien zu unterstehen, sonst hätten wir, die Herren Innenminister, jeder sein eigener,  ihn nämlich sofort wieder zurückgeholt in unser Inneres, wohin er aber auch nicht gehört, der Herr Doktor mit den Händen in den Taschen, zu uns gehört der nicht, wir haben keinen Posten in unserem Budget für ihn übrig, immerhin, zu seiner Ehre sei es gesagt, er hat die Hände in den eigenen Taschen, nicht in fremden, aber die Polizisten, die Polizistin, die unterstehen uns, kein Zweifel. Sie unterstehen dem Ministerium des Inneren. Und deshalb dürfen sie sich alles unterstehen, denn sie unterstehen uns, und wir beschützen unsre Leute. Wir stellen uns gleich hinter sie, da passiert uns nichts, denn wenn sie was tun, dann gehen sie vorwärts und nicht vergessen: nie zurück! Die Mediziner und ihre Helfer, die gehören der Stadt, die Polizisten dem Land. Die haben das in der Polizeischule gelernt, wie man einen verwirrten, kranken, randalierenden oder tobenden Menschen so fixiert, daß es nicht zu einem Erstickungstod kommt. Na ja, wir haben viel gelernt und manches vergessen, wer sollte uns einen Vorwurf draus machen? Haben Sie sich alles gemerkt, was Sie einmal gelernt haben? Wo sieht man denn sonst einen Neger bei uns? Bei so einem Anblick, da vergißt man schon mal was. Und auch der Fremde vergißt sich manchmal und benimmt sich nicht so wie wir. Wos waaß a Fremder? Wir haben eine ganz natürliche Einstellung zu ihm, und wie vergilt er uns das? Er tobt und haßt uns. Sie werden schon sehn, was der mit uns machen würde, wenn die Polizei es erlauben würde. Zum Glück darf er eh nicht machen was er will. Wir dürfen das ja auch nicht. Aber der will einfach nicht. Der will einfach machen was er will. Und wenn er sich nicht mehr bewegen kann, weil gefesselt, dann will er immer noch was machen. Bitte, jetzt wissen wir, daß er vielleicht schon todeskämpfen wollte, weil er erstickt worden ist, beim Omofuma haben wir nicht einmal das gewußt, denn der hat sich ja überhaupt nicht mehr bewegen können. Der hat uns durch nichts signalisiert, daß er jetzt stirbt. Selber schuld, wenn er kein Mittel findet, es uns zu sagen. Im Prinzip ist es aber besser, wir lassen diese Leute sich nicht allzu frei bewegen, dann wenn dieser Mann sich bewegt, dann ist er noch viel mehr Neger als sonst, dann ist er unser Naturobjekt,  weil er sich viel natürlicher bewegt als wir, daran erkennt man sie nämlich, daß sie der Natur näher sind. Dann, wenn er sich bewegt, ist er das natürliche Objekt der Betrachtung, und wir können ihn uns in der Ruhe beim Tanzen, Singen und Springen und Sporteln beobachten, und wenn er tot ist, können wir ihn uns immer noch in der Kronenzeitung anschauen. Aber zuvor haben andere ihn sich in allergrößter Ruhe bei der Amtshandlung anschauen konnten. Was die sich für eine Arbeit, die diesfalls im Nichtstun bestand, machen mußten, bevor wir ihn uns in Ruhe in der Zeitung anschauen konnten! Es ist nicht zu beschreiben.  Da ist für die geeichte Moralistin mit all ihren kleinen Teilstricherln auf ihrem kleinen Moralmaßstab (nachfüllen nicht vergessen!),  nichts zu beschreiben, der bewegt sich ja gar nicht. Wenn  nichts passiert, was soll die Moraldichterin dann moralieren? Es ist ja keine Handlung zum Erzählen da! Sowas kommt auf der Welt hervor und ist ganz schwarz, nicht zum glauben das. Ist das eine natürliche Erfahrung, daß man vor dem Anderen zurückschrecken muß? Nein, natürlich ist diese Erfahrung vielleicht nicht (man muß sie erst mal machen! Man muß das erst mal erlebt haben, wie die toben können, die wilden Atomphysiker!), obwohl wir viel von natürlicher Ernährung und Bewegung und von viel Natürlichkeit im Gesicht von Frauen halten, auch wenn da das Messer und die Botox-Spritze schon dran waren, doch ich schweife wieder mal ab, Entschuldigung, aber das ist immer noch mein Platz, wo Sie sich da grad aufhalten.  Ich schweife vom Hundertsten ins Tausendste, wie immer,  ohne daß die gesamte Moralität mir ein paar Tausender mehr einbringen würde, was wollte ich eigentlich sagen: Natürlichkeit.  Natürlichkeit ist uns bei Ernährung und Bekleidung, sogar bei der Energie, die unsere Häuser anheizt, wichtig. Aber die Erfahrung, daß dieser Andre schwarz ist und daher dazu gemacht ist zu prügeln, zu randalieren, zu schreien, um sich zu schlagen, Drogen zu nehmen oder sonstwie die Natürlichkeit zu stören, das ist eben unsere Erfahrung. Und ich spreche sofort dagegen. Ich gebe Widerworte, damit verdiene ich mein Geld.  Bei uns daheim prügeln manchmal Männer, die sich ausrasten wollen, ich meine die ausrasten und ihre Familien abknallen oder mit sonstwas beseitigen, schauen Sie, gleich heute, da hat einer, wahrscheinlich Frühpensionist, sind sie ja meistens,  seine Freundin mit Chemie überschüttet und dann angezündet, weil sie abhauen wollte, also: Diese Erfahrung haben wir gemacht, daß die Anderen eben anders sind, sonst hießen sie ja nicht so,  und die Männer sind auch anders als wir, sonst brauchten wir ja keine Feministin z.B.  in mir, die außer sich gerät, und daß die Anderen eben andre Erfahrungen machen als wir, weil sie sie ja mit uns machen,  die wir auch wieder anders sind, nein, das geht nicht, es kann nicht jeder andere anders sein, das wäre das absolute Chaos, egal, was ich dazu sagen wollte: Wir sind alle gleich, nur alle andren sind anders.  Sonst könnte ich ja das Schreiben gleich aufgeben. Ich weiß immer, wer anders ist und wen ich dafür kritisieren darf. So, die haben wir jetzt auch geschnallt, und zwar, weil ich sie benannt habe,  diese Tatsachen des Andersseins, noch bevor die den Cheibani W. an die Trage schnallen konnten (irgendwann haben sie ihn dann umgedreht, wahrscheinlich weil er sich nicht mehr bewegt hat, irgendwann muß ihnen das aufgefallen sein, nehme ich mal an, auch ohne daß ausgerechnet ich es ihnen sagen mußte. Bitte, ich hab nicht rechtzeitig davon erfahren, sonst hätte ich mich auch nicht getraut, den Polizisten etwas zu sagen. Die hauen mich sonst noch. Der Kopf vom Cheibani W. ist irgendwann einmal während der Amtshandlung haltlos nach hinten gefallen, herumgebaumelt, zuletzt hat er also die Welt auf dem Kopf stehen sehen, tief bewußtlos - dies meine laienhafte nachhaltige, ich meine nachträgliche Diagnose, oder war er da gar schon tot? Nein, er ist erst im Spital verstorben, aber er war schon so gut wie tot. Ich hab mir das Video natürlich auch angeschaut, komme aber zu andren Schlüssen als die Krone, vielleicht hab ich die verkehrten Schlüssel eingesteckt,  auch das schon ein Naturgesetz, ich brauch immer was zu querulieren und zu meckern, dafür bin ich bekannt), gut, endlich is a Ruah. Vielleicht ist der Stadtzeitung Falter fad geworden, daß sie davon berichtet, steht hier in der Krone, daß sie berichtet, wovon es nichts zu berichten gibt, weil alles ruhig und normal ist, vor allem der Herr Dokta ist offenbar ganz besonders ruhig und normal. Hopperla. Nix passiert. Das Spritzerl Haldol will er setzen, nachdem  dem Anderen die Psychopax-Tropferln nicht einigangen sind; der hat nicht freiwillig den Mund aufgemacht oder warum auch immer er die guten harmlosen Tropfen nicht gekriegt hat.  Dieser Mann war wie ein Tier bitteschön. Was Harmloses hilft gegen ein Tier nicht, das uns einen Harm antun möchte. Der hat doch getobt wie ein Berserker, wie ein Wahnsinniger, was immer schuld dran war, schuld war wahrscheinlich, daß er wahrscheinlich, nein, angeblich, nein, möglicherweise doch nicht ein vorbestrafter Junkie war ( "W. wurde im Vorjahr wegen Besitz und Konsums von Heroin verurteilt";, sagt die Kronenzeitung, ein Glück, daß nicht wir alle wegen Besitz und Konsums von was auch immer verurteilt werden können. Frau Partik-Pablé, quick wie immer mit ihren Quickie-Vorstößen gegen jeden Verstoß, ob echt oder nicht, den sie sich überhaupt vorstellen kann, schließlich ist sie Juristin und kennt sich mit Vorstößen und Verstößen aus, diese Frau sagt das auch), das war jedenfalls ein tobender Neger und aus, und mit solchen Leuten haben wir unsere Erfahrungen bereits öfter gemacht als uns lieb ist. Bestimmbar ist für uns, daß er wie ein Tier war und wie ein solches auf unsere Injektionsnadel gespießt gehört. Mehr haben wir nicht gemacht. Das hat eh schon genügt. Wir haben eigentlich gar nichts gemacht. Bitte, es war gar nichts, und wir haben nichts gemacht. Es ist alles voll von diesen Berichten über den Vorfall, den es zwar gegeben hat, aber es ist nichts gemacht worden. Es war ein Vorfall, der darin bestand, daß nichts gemacht worden ist. Sowas passiert jeden Tag, daß nichts gemacht wird,  ich meine, sowas passiert nie, und daher können wir es sowieso vergessen. Es ist die Ausnahme von der Regel, daß sowieso nie etwas bei uns passiert und daß niemand etwas macht. Endlich passiert mal was, aber es war nichts, weil nichts getan worden ist. Es ist nicht der Rede wert in der Kronenzeitung, die seither allerdings ununterbrochen darüber redet und anschließend über ihr hohles Faß immer wieder eine Krone setzt, damit man sie auch deutlich sieht und jeden Tag wieder aufs neue lesen kann. Was tun? Das Reale den Leuten jeden Tag bestimmen, Leserbriefe, die dagegen schreiben, mit voller Adresse und Telefonnummer veröffentlichen, das ist gut, ja, das ist uns schon eingefallen, dafür brauchen wir Sie nicht, das haben wir schon selber gewußt, und diese Wirklichkeit, die gleichzeitig die Absicht ist (und hier immer gewesen ist) durch Nichtstun jemand auszuradieren, damit man nur noch Spuren von ihm sieht, auf Zeitungspapier, das sich nicht gegen uns kehren kann. Das alles muß von dieser Kleinzeitung ins Bewußtsein geschoppt werden wie in den Schlund einer armen Martinigans, und zwar so, daß diese Wirklichkeit das Bewußtsein konstituiert, daß das auch immer so weitergehen kann. Wir haben den Omofuma gehabt, wir haben andre gehabt, mit Plastiksackeln über den Köpfen, verdroschen auf irgendwelchen Kommissariaten und dann in irgendwelche Amnesty International-Berichte hineingeschmiert von irgendwelchen Schmierfinken. Bitte, hier sitzt schon wieder einer und flügelflattert und tschilpt und rührt sich nicht weg, weil er die Wahrheit gepachtet hat und sich jetzt nicht wegfliegen traut, damit sie ihm keiner wegnimmt, die Wahrheit, sein Finkenfutter spezial. Diesen tobenden Menschen haben wir ja auch als ein Tier erfahren, aber ein liebes Hundi, das hätten wir selbstverständlich anders behandelt. Das hätten wir nur behandelt, wenn es Behandlung gebraucht hätte. Die Tierärzte sind teuer.  Oder da wäre jemand eingeschritten, wenn wir ein Hundi so behandelt hätten.  Da wäre erst was in der Krone gestanden! In Fettschrift! Abschließend, ich meine zuschließend: nein, da hat die Krone recht: schlau werden wir nicht recht aus diesem Video, das das alles zeigt. Das zeigt, daß da nichts war. Das nichts zeigt. Das zeigt, daß nichts vorgefallen ist, denn das Vorgefallene, das zeigt es nicht, weil die Kamera zu spät eingeschaltet worden ist. Wir können uns schlau machen. Aber schlau sind wir schon, das müssen wir nicht mehr werden. Keine düsteren Andeutungen mehr, der Mann war bitteschön schwarz, das ist doch wohl düster genug für Sie, oder?  Düsterer kriegen wir es nicht mehr hin, wir SchriftstellerInnen. Und auch sonst niemand von den anderen Hilfskräften.  Wir unterwerfen die Individuen ihrer jeweiligen Realität, und wollen sie dort nicht hinein, so unterwerfen wir sie eben ganz. Stellen den Fuß auf sie oder stellen uns gleich ganz drauf auf sie, bis sie tot sind. Alle Mehrkomponentenkleber zusammengenommen werden nicht bewirken, daß das Leben in diesem Körper bleiben kann. Keine Sorge. Seine Existenz als Neger und Junkie und Dealer war beurkundet und bekundet, da steht es ja, daß er das war: vorbestraft. Gut. Wir strafen vorher und nachher noch einmal, damit er es sich bis in alle Ewigkeit hinein merkt. Und wir stehen daneben, Hände in den Hosentaschen. Der Minister ist unverantwortlich, ich meine: nicht verantwortlich, denn eine Ministerverantwortlichkeit, die kennt er gar nicht. Warum soll er also zurücktreten, wenn er sie gar nicht kennt? Die einen treten zu, die andren treten drauf, aber zurücktreten, das tun wir in diesem Fall schon ganz besonders nicht, Herr Minister Strasser, gell?! Wir haben keine Fragen zu stellen, dann werden wir auch keine blöden Antworten bekommen. Hätten die beteiligten Amtsbehandler und Amtshandler gehandelt, ich meine hätten sie ordentlich behandelt, ach was, hätten sie hätten sie hätten sie sich an die Andersheit von einem Anderen angedockt und irgendwie versucht, dieses Ding, dieses Andere, zu reparieren wie sie es bei sich selbst ja auch gemacht hätten, hätten sie sich auch einmal so ärgern müssen wie dieser tote Mann, der vorher lebendig war. Hätten sie, ach was, dann hätten sie, wie sie es eh getan haben, das mit sich, mit ihnen Identische als sich selbst gleich gesetzt, und das andre, das ihnen eine Erfahrungsandersartigkeit hätte liefern können, das haben sie erkannt als etwas, das darüber hinaus, über sie selbst hinaus, ein Nichts ist. Ein Nichts. Und jetzt ist das Nichts nicht mehr. Wem fehlt es? Ein Nichts kann einem nicht fehlen. So wie einem Nichtstun nicht fehlen wird, probieren Sie es doch aus und versuchen Sie zu ertrinken, Sie werden schon sehen, wie Nichtstun Ihnen dabei hilft! Vor allem das von anderen! Es wird unverzüglich ausgefüllt, das Nichts, die Leere mag sich gar nicht leiden, sie schaut sich in den Spiegel und holt sofort was her, das ihre Blöße, die sie ja hat und gleichzeitig: ist, bedecken könnte, und das sind immer nur solche, die sind wie wir, die als solche anschaubar und erfahrbar sind. Aus diesem andersartigen Sein haben wir seit vielen Jahren unser Bewußtsein bezogen, also warum sollten wir grade jetzt unseren Bewußtseinslieferanten wechseln? Die Krone verlangt es nicht von uns, und auch sonst verlangt es niemand von uns. Die Krone hat ja ein Monopol auf unser Bewußtsein. Die kann jeden Tag liefern, sogar am Sonntag, da ist sie sogar gratis, außer es schaut einem einer über die Schulter. Warum sollte sie andere Lieferanten in Betracht ziehen? Das hat sie nicht nötig. Das Bewußtsein ist uns also vom üblichen Lieferanten geliefert worden, und diese reinste, unschuldigste aller Gegenden, unser alleiniges Bewußtsein, das allein zählt, weil in der Krone steht, auf welche Frequenz es sich jeden Tag wieder aufs neue einzustellen hat, damit es uns nicht aberkannt werden kann (die Frequenz bleibt immer gleich, und wenn sie mal geändert wird, dann werden wir es Ihnen schon rechtzeitig mitteilen, damit Sie auch weiterhin unsere Zeitung kaufen können),  ich dreh also an diesem Bewußtseins-Einstellungsknopf und beantworte, daß das Reale das ist, was in der Kronenzeitung steht, und nicht das, was ich Berufsquälerantin, ich meine Querulantin Ihnen sagt, nur keine Aufregung, das sagt sie ja selber, die Zeitung, und dann funkt sie es in unser Bewußtsein, und dann hat es auch schon gefunkt. Wir haben den Ablauf dieses Vorkommnisses geregelt wie es sich gehört, sagt der Herr Innenminister Strasser, das gehört sich schließlich so, mit rechter Einstellung bezeichnen wir eine richtige Einstellung als, richtig: Einstellung. Dann aber dann aber. Was sagt die Krone dazu? In Zukunft wird sich kaum noch ein Arzt zu einem Neger hintrauen, sagt sie, wenn er nicht seinen Anwalt dabei hat,  Der Arzt natürlich, nicht der Neger, denn sonst kann er ins Kriminal kommen. Der Arzt natürlich, nicht der Neger, der ist sowieso schon dort. Im Kriminal. Das Risiko ist für uns Ärzte und ihre helfer, die PolizistInnen, einfach zu groß. Das ist unsere natürliche Einstellung, bitte, hier stehts ja, also bitte keine düsteren Andeutungen mehr, ja?!


Cheibani. W

Bilder: "Der Kurier" (Wien)

25.7.2003

 

Nachbemerkung, 27.7. :

Ich muß etwas nachbemerken, weil mir grade jetzt, Sonntag früh,  jemand das "profil" gefaxt hat, und da steht in einem Artikel von Emil Bobi, der mit Zeugen von der Wiener Rettung gesprochen hat, etwas, das mir (auch über mich selbst) sehr zu denken gibt: Ich habe Menschen auf einem andren draufstehen gesehen, und daraus habe ich, völlig unzulässig, wie ich jetzt weiß, geschlossen: Der hat getobt. Er muß getobt haben. Er kann sich nicht fromm und gut vor den Rettern in den Amtskitteln aufgebaut haben, wenn da Leute auf ihm draufstehen. Sie haben ihn zwar schon gefesselt, aber wie muß der getobt haben, daß man sich auch noch auf ihn draufstellen mußte! Der Mann muß ja völlig durchgedreht sein. Es muß für alle ein grauenhaftes Erlebnis gewesen sein, das vorübergehend jede Freude in ihnen verdrängt haben muß, während sie den Sauerstoff aus den Lungen von Cheibani Wague gepreßt haben.

Hier im "profil" steht aber, daß ich, ohne es zu ahnen, eine Art Betrug an Ihnen begangen habe, und daß die scheinbare Logik des Fixierens eines offensichtlich seinerseits aufs Toben Fixierten, nicht logisch ist.  Ich habe aus dem Bild eines Menschen, auf dem Amtshandelnde buchstäblich draufstehen, geschlossen, daß das nötig oder zumindest angebracht, oder vorübergehend angezeigt gewesen sein muß, weil der Mann um sich geschlagen und getreten haben muß.  Ich gebe hier wieder her, was man mir im "profil" gegeben hat:

Der Innenminister muß von Anfang an alles gewußt haben. Seine persönliche Sprecherin, Frau Holdhaus, hat mit eigenen Augen die "Amtshandlung" von ihrer Wohnung gegenüber dem Tatort mitverfolgt. Ihre Augen haben es also verfolgt. Ihr Mann, ein Maler, ist noch auf die Straße gegangen (ist sogar kurz am Video zu sehen), weil er Schäden an seinem Auto befürchtet hat, das nahe dem Schauplatz geparkt war. Die Sprecherin des Innenministers bestreitet vehement, etwas mit dem Video zu tun zu haben. Es sind "Vorkommnisse" der Amtshandlung vorausgegangen. Natürlich müssen Vorkommnisse der Amtshandlung vorausgegangen sein, wer handelt schließlich ohne Grund? Wir sind ja nicht deppert. Aber schon diese eine scheinbar selbstverständliche Annahme hätte ich mir selbst verbitten müssen. Wenn eine Amtshandlung stattfindet, muß sie eines Zwecks bedurft haben, das ist amtlich, und dann wird gehandelt. Daraus folgte der Tod des Afrikaners. Der aber, der hat gar nicht getobt. Das ergeben offenbar Aussagen von Polizisten und eine Stellungnahme des Chefs der Wiener Rettung. Er hätte theoretisch aber toben können, und davor hatten die Freunde, Helfer und Retter Angst. Sie haben eine Handlung gesetzt, gegen einen Einzelnen, weil sie Angst hatten, der könnte vor ihren Augen explodieren, und dann wären da vielleicht oder möglicherweise zuviele Teile gewesen, und die hätte man womöglich nicht mehr unter Kontrolle gebracht.  Sogar die Polizei hat die ursprüngliche Anzeige von Erfried Malle, dem Kärntner Mitorganisator des Afrikadorfs angezweifelt. Erfried Malle behauptet, "echte Todesangst" vor Cheibani gehabt zu haben. Aber auf dem Tonband der Wiener Rettung: sehr ruhige telefonische Erklärungen von Herrn Malle.  Cheibani, der Mauretanier, hatte wohl Probleme mit seinem eigenen Herzen (krank), mit seiner Ehe (Aufenthaltsstatus dadurch fraglich), mit seinem Chef im Afrikadorf (Malle). Vielleicht hat der Afrikaner einen leichten Infarkt erlitten, schon vor der Amtshandlung. Wird noch untersucht.  Der Herr Malle hat sich "in Todesangst" in sein Auto geflüchtet und von dort die Polizei gerufen. Dann gibt er Gas und fährt weg, obwohl Cheibani sich an seinem Wagen festgeklammert hat. Der wird mitgeschleift, stürzt zu Boden und wird verletzt. Er ist der Patient, weil er verletzt ist. Er liegt am Boden. Verletzt. Die Rettung kommt. Der Patient, noch geduldig in diesem Moment, verletzt sowieso, war "kontaktfähig und kooperativ" laut Aussage der Polizei. Kein Grund, ihn überhaupt zu fixieren. Cheibani ruhig und kontaktbereit. Zieht sogar Visitenkarte aus der Tasche und will seinen Anwalt anrufen. Rettung kommt, Patient tobt nicht, ist ruhig. Steigt freiwillig in den Rettungswagen ein. Die Polizei verbietet Psychopaxtropfen, um den noch zu erstellenden Bericht des Amtsarztes chemisch nicht zu verfälschen. Cheibani läßt sich Handschellen anlegen, freiwillig, wahrscheinlich weil man ihm gesagt hat: zu seinem eigenen Schutz. Damit er nachher nicht sagen wird können, er sei nicht vor sich selbst geschützt worden. "Aus Sicherheitsgründen". Als man ihm aber auch noch die Beine fesseln will, rastet er aus, anstatt sich endlich einmal auszurasten, was praktisch wäre, weil er sich eh nicht mehr bewegen kann. Er versucht, aus dem Rettungswagen zu springen, offenbar Panik. Einer der Polizisten stellt sich selbst ihm in den Weg, beide fallen um. Cheibani hat mit den Beinen gezuckt, vielleicht schon im Todeskampf. Daraufhin stürzen sich Sanitäter und Polizisten auf den am Boden Liegenden. Herr Malle sagt aus, daß zwei Polizisten auf den Afrikaner eingeschlagen haben. Notarzt gibt die Haldol-Spritze (Wirkung setzt erst 20 Minuten später ein, er wird sie eh nicht mehr erleben, der Patient, diese wohltätige Wirkung). Der auf dem Bauch liegende, an den Armen gefesselte, herzkranke Patient (bitte, das mit dem Herzen konnten die Retter nicht wissen, sie hätten ihn ja sonst abhorchen müssen und ein EKG machen, das ist natürlich unzumutbar) erschlafft den Rettern unter den Händen, noch bevor das Haldol wirken kann. Und jetzt setzt das Amateurvideo ein (angeblich kann man aber auch frühere Passagen sehen, es war zuvor ein Urlaubs-Video, und es gab technische Probleme beim Überspielen, es ist aber noch was drauf, das derzeit noch  ausgewertet wird, wir werden berichten), an dieser Stelle setzt der Bandlauf ein. Ich hoffe, das Schlagen der Polizisten, für das es Zeugen gibt, kann bald auch auf dem Band demonstriert werden. Cheibani liegt auf dem Bauch, der Gesunde kann da schon kaum noch atmen, ein Schwerkranker, dem auch noch die Hände auf den Rücken gefesselt sind, noch weniger. Mit Herzproblemen: Lage absolut prekär. Aber man kann ja nicht jedes Mal vorher nachschauen, ob jemand Probleme mit dem Herzen hat, wenn man ihn nachher noch fesseln will. Nicht einmal sedieren hätte man Cheibani müssen, man hat ihm das Haldol gegeben aus Vorsicht, daß "etwas hätte passieren können. Es passiert immer wieder etwas." So sagt der Rettungschef. Nehmen Sie also das nächste Mal schon vorher Haldol ein, denn es passiert ja immer wieder etwas, und dann wollen Sie es doch nicht mitkriegen, oder? Erlebnisse sind etwas ganz andres, die soll man nämlich mit fast vollen Sinnen (damit noch was reingeht, man sollte für jedes Erlebnis, das vielleicht kommen mag, noch etwas Platz in seinem Bewußtsein übrig lassen) mitkriegen. Wenn Sie also ein Erlebnis planen, nehmen Sie Haldol bitte nicht vorher,  auch wenn das Erlebnis dann so ist, daß Sie wünschen werden, Sie hätten vorher Haldol genommen. Der Herr Innenminister sagt von Anfang an, obwohl er es besser wissen mußte: Die Beamten haben geamtshandelt, wie sie es in der Ausbildung gelernt haben. Sogar Polizisten finden diese Aussage skandalös. Es ist vollkommen unprofessionell, auf einem Körper zu stehen, weil man dabei leicht das Gleichgewicht verliert und runterfallen könnte und sich verletzen, man kann aber obenbleiben und nur seine Handlungsfähigkeit verlieren, was auch sehr unangenehm sein kann. Es gibt in keiner Ausbildung die Anweisung, daß man sich auf den Körper von jemandem, egal aus welchem Grund, zu stellen hat. Es wird nirgendwo gesagt, daß man sich auf einen lebendigen Körper stellen soll. Auch nicht wenn man ein problematisches Problem hat. Man darf es nicht. Es kann von Betrug am Leben gesprochen werden, wenn man es trotzdem tut. Es kann arbeitsrechtliche Konsquenzen geben. Es kann sein, daß die Versicherung nicht zahlt, wenn man von einem lebenden Menschen herunterfällt und sich den Knöchel verknaxt. Das Leben entweicht ja überhaupt sehr leicht. Noch viel leichter, wenn man auf dem Brustkorb eines Lebenden in Bauchlage steht.  Und wo ist es jetzt hin, das Leben Cheibanis? Ist es zu Mama und Papa hin? Ich weiß nichts von dem toten Afrikaner. Und offenbar wollte ich immer noch zuwenig wissen. Ich fürchte, es wird mir keine Lehre sein. In keiner Lehre würde man mich noch nehmen. Aber ich wollte Ihnen das sagen, bitte um Entschuldigung.

27.7.2003

 

Nachtrag am 7.10.2005

"Innere Erstickung"

POLIZEI

Späte, unverhoffte Wendung im Fall Cheibani Wague: Ein Gerichtsgutachter weist nach, dass der Afrikaner am Ersticken und nicht an Herzversagen starb.  

FLORIAN KLENK

Nur wenige Tage, nachdem der Mauretanier Cheibani Wague im Wiener Stadtpark unter den Füßen von Einsatzkräften ums Leben gekommen war, schien für die Wiener Gerichtsmedizin der Fall klar. Wague habe ein schwaches Herz gehabt, das der heftigen Amtshandlung im Stadtpark leider nicht gewachsen gewesen sei, befand Gerichtsmediziner Daniele Risser. Jenes Video, das die nächtliche Amtshandlung festhielt, erwähnte er mit keinem Wort. Auf dem Video, das ein Anrainer am Heumarkt mitgeschnitten hatte, war zu sehen, wie Beamte den Afrikaner mit den Beinen und Knien am Boden fixierten und wie der Notarzt, Hände im Hosensack, daneben stand. Polizeipräsident Peter Stiedl und der damalige Innenminister Ernst Strasser hielten die Amtshandlung für "vorschriftsmäßig", Kritik an der Amtshandlung wiesen sie als "nicht nachvollziehbar" zurück. Das war im Sommer 2003. Seither schleppt sich der Prozess. Vergangenen Juni wurden doch noch fünf Polizisten, drei Sanitäter und der Notarzt wegen "fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen" vor Gericht gestellt. Im Zuge dieses Prozesses wurden nun weitere Gutachten eingeholt. Sie liegen dem Falter vor und sie enthalten brisante Neuigkeiten. Wague, so hält der Sachverständige für Intensivmedizin, Primarius Kurt Hudabiunigg fest, starb nämlich nicht an "Herzversagen", sondern an einer "fixationsbedingten Asphyxie" . Sprich: er ist am Boden unter der Last der Einsatzkräfte erstickt" und niemand will es bemerkt haben. Wörtlich spricht der Gutachter von einer "inneren Erstickung", die "durch die große Intensität und Dauer der Fixierung durch zumindest fünf Exekutivbeamte und zwei Sanitäter eingetreten" sei.  Aus dem Gutachten: "Die Ursache des Kreislaufstillstandes ist die Beeinträchtigung der Atembewegungen und die Beeinträchtigung des Blutrückflusses in das Herz". Primarius Hudabiunigg rügt vor allem, dass Wague minutenlang regungslos am Boden lag und keine Wiederbelebungsmaßnahmen erfolgt seien. Hudabiunigg: "Es ist davon auszugehen, dass eine sofortige lebensrettende Maßnahme entsprechend einer Laienschulung zumindest mit Herzmassage auch außerhalb des Rettungswagens möglich und sinnvoll gewesen wäre". Hätten Arzt und Einsatzkräfte gehandelt, statt untätig herumzustehen, hätten sie Wague vielleicht das Leben retten können. Es seien "unnötigerweise zumindest drei bis vier Minuten vergangen". Auch ein anderes Gerichtsgutachten übt Kritik an der Polizei. Rudolf Pföhs, Experte für Einsatztechnik bei der Polizei, hält fest, dass eine "fehlende Koordination bei den Fixierungen jeweils im Kopf- und Brustbereich zu bemängeln ist". Manche Beamte hätten "nicht notwendige Fixierungsmaßnahmen" gesetzt. Kritik übt der Gutachter , er ist als Beamter des Innenministeriums pikanterweise selbst für die Ausbildung von Beamten zuständig, auch an "fehlenden Vorschriften" bezüglich Fixierungen. Die Beamten hätten teils nur aufgrund "reiner Erfahrungswerte" gehandelt, so Pföhs. Im Prozess verwiesen die Polizisten stets auf den Arzt, dem sie vertraut hätten. Der Arzt wiederum verwies auf die Uniformierten. Pföhs lässt diese Strategie nicht gelten: "Es ist jedem Polizeibeamten bewusst, dass jeder für sich alleine für die Anwendung körperlicher Zwangsgewalt verantwortlich ist". Es sei die Pflicht eines Beamten, "eine ständige, individuelle Einschätzung der Situation vorzunehmen." Der Prozess wird Ende Oktober fortgesetzt. Den Beamten droht Amtsverlust und bis zu drei Jahre Haft.

Dr. Florian Klenk
Redaktion - Politik Falter Verlag
http://www.falter.at

 

 

Nachtrag am 26.6.2008

Kleines Nachsprechen, denn zum Vorsprechen trau ich mich nicht: Sieh da, sieh an, was lese ich da in der Stadtzeitung Falter vom 25.6. 08? Wahre Helden des Alltags sollen, frisch gebacken in der Programmentwicklung des staatlichen ORF und noch brandheiß (eine heiße Kartoffel, die der ORF aber nicht fallenläßt, die ist offenbar schon gegessen), im Fernsehn gezeigt werden, wonach sich viele drängen würden, wären sie denn ebenfalls Helden. Von denen gibt es nur wenige. Aber sogar Helden des Alltags findet man nicht so leicht. Einen hat man jetzt für die Doku-Soap „Wiener Blut – die 3 von 144“ auserwählt, nein, nicht die „Drei von der Tankstelle“, ein in harten Zeiten äußerst beliebt gewesener Film, ein andrer Film, ein zeitgenössischer über Zeitgenossen, das ist es, und der Mann, der als Held auftreten darf, war nämlich nicht Taxifahrer, der Tankstellen braucht, sondern ein Fiakerkutscher. Einer der Männer, die nur helfen wollen und Super-Typen sind, stets für andre Menschen da, für sich selbst aber natürlich auch, wenn mal Zeit ist. Was bleibt einem übrig, denn es trennt einen ja nur weniges von einem selbst, davon, daß man ganz man selbst sein darf? Als Vollprofi man selbst sein zu dürfen, das wäre fein, egal, was man macht. Ich wäre auch gern ich selbst, nur wäre ich dann kein Profi, sondern Amateur, eine, die sich selbst lieben würde, wenn sie es könnte. Die Bestimmung der Profis in dieser geplanten Serie ist die Rettung von Leben, ein wichtiges Ziel, das diese Vollprofis in der Sendung auch ausführlich aufzeigen wollen, und jeder, der hier aufzeigt, wird auch aufgerufen, jeder fühlt sich berufen. Sie wollen zeigen, wie man Leben rettet und wie froh einen das macht, wieder eins gerettet zu haben, ein Leben. Wir haben berichtet, daß man in einem Amateurfilm einen Menschen sterben sieht: Der Mensch heißt Cheibani Wague. Es ist oben beschrieben, wie er gestorben ist, er ist erstickt, weil die Helden und Retter (der Arzt ist beinahe unschuldig, na ja, nicht ganz, der hat nur dabei zugeschaut, ein anstrengendes und schwieriges Studium ist doch schließlich Leistung genug) ihn mit dem Bauch nach unten gegen den Asphalt gedrückt haben. Eine Person (lese ich gerade im „Falter“) ist während des Todeskampfes des Erstickenden sogar mit einem Bein auf dem Afrikaner draufgestanden, super, das wilde Tier ist erlegt, man posiert mit ihm, sogar auf ihm, zumindest mit einem Bein. Aber auf einem Bein allein ist nicht gut stehen, mit dem anderen will man auch noch was machen, am besten als Held ins Fernsehn kommen. Das zweite Bein ziehen wir dabei unauffällig nach, die Leiche ist längst entsorgt worden, wir sind beteiligt, aber vollkommen unschuldig gewesen, wir stehen fest auf unseren zwei Beinen, von denen das eine jetzt wieder weiß, was das andre macht.

Der ehemalige Fiakerführer Andy Weiss, 45, so steht es hier geschrieben, einer, der mit seinen Pferterln die Touristen spazierengeführt hat, sicher ein guter Schmähführer (das nehme ich nur an), ist total freigesprochen worden im Prozeß, freigesprochen der fahrlässigen Tötung, er muß nicht mehr als Fiaker fahren, er darf wieder als Rettung fahren, zur Rettung herbeieilen, der Andy Weiss, und jetzt darf er direkt ins Fernsehn einfahren, damit wir alle ihn sehen können, wie er ein oder mehrere Leben rettet, diese schöne Aufgabe immer wieder aufs neue abarbeitet. Er hat das menschliche Drama des Cheibani Wague relativ gut überstanden, danke der Nachfrage, es war furchtbar, aber irgendwann einmal war es auch wieder vorbei. Die Rettung hat ihn wieder aufgenommen, seine Suspendierung aufgehoben, solche Menschen sollte man sich immer aufheben, vielleicht braucht man sie noch einmal. Vor allem soll man sie dem Publikum zeigen, damit das Publikum sie findet, wenn es sie braucht, solche Menschen müssen gezeigt werden, um ihm, dem Publikum, ein Beispiel zu geben, zum Beispiel dieses: Leben retten als Sanitäter. Man erlebt dann menschliche Dramen, wenn man sich anstrengt. Fürs Drama sorgen andre, die sich dabei oft gar nicht sonderlich anstrengen müssen, um einen Atemstillstand zu erleiden. Cheibani Wague war auch eine Hauptfigur in einem dieser Dramen, aber jetzt ist er weg. Er ist tot. Der Retter, der den Fuß auf ihn stellte (ich weiß nicht, ob er auch Hand an ihn legte), bekommt noch heute eine Gänsehaut, wenn er an diesen entsetzlichen Vorfall denkt, wie er angibt. Das wird ihm nicht wieder passieren. Sein ganzes Leben ist jetzt darauf ausgerichtet, Menschenleben zu retten, nicht sie zu zerstören. Das hat er einmal gemacht, das kommt nicht wieder. Das war zu schlimm, um wahr zu sein. Der Retter, der dem Sterbenden, welcher erledigt worden ist, den Fuß auf den Körper stellt, was auf Fotos und dem Amateurfilm zu sehen ist, der Freund, Helfer und Retter ist kein Rassist und Menschenhasser, wie er angibt. Angabe ist das halbe Leben. Fehlt noch die zweite Hälfte, welche aber auf die Ausbildung im Gastgewerbe und als Fiakerfahrer bereits in jüngeren Jahren verbraucht worden ist. Jetzt sind wir ganz für die Menschen da, die uns brauchen. Wir retten sie und zeigen uns als Retter dann ein zweites Mal (oder gleich live, also lebenszeitecht) auch im TV. Frau Dodo Roscic, Leiterin der ORF-Programmentwicklung, hat das persönlich veranlaßt. Solche Leute wie diesen Retter muß man sehen. Alle sollen sie sehen. Und sieht man sie nicht, dann können sie unbemerkt wer weiß was für einen Blödsinn anstellen. Da stellen wir sie lieber gleich ins Fernsehkastl, da treten sie uns unter die Augen, als Helden des Alltags, als die wahren Helden, wie man so schön sagt, denn alles andre ist unwahr. Cheibani Wague hätte gerettet werden können, wie wir aus andren TV-Serien wissen (Herzmassage, etc. in „Grey’s Anatomy“ zeigen sie uns doch, wie es geht, aber das spielt in Amerika und ist eben ein Spiel, es ist alles nur gespielt. Warten Sie, bis Sie der Wirklichkeit begegnen, da werden Sie schauen! Wir haben uns den Film angeschaut, den mit dem Arzt, der die Hände in den Hosentaschen hat und zuschaut, und die Retter, die Helden des Alltags, die auf ihrem erlegten Opfer draufsitzen, stehen, einen Fuß drauf stellen fürs Foto). Andy Weiss, 45, sicher ein netter Mann, der Fußsteller, den keine Falle eingefangen hat und keine Fußangel, als er das tat, der Andy also sagt im Polizeiprotokoll folgendes aus, was ihn ganz besonders als Helfer und Menschen ausweist, und mit diesem Ausweis wird er bald im Fernsehn zu sehen sein, den wird er in die Kamera halten dürfen: „Bei einer Person mit weißer Hautfarbe sind die Symptome für Sauerstoffmangel visuell gut wahrnehmbar. Im gegenständlichen Fall handelte es sich jedoch um eine Person mit dunkler Hautfarbe, sprich um einen Schwarzafrikaner.“ So. Andy hat gesprochen. Dieser Unbescholtene, den auch ich nicht schelten will (oder darf, sonst muß ich womöglich vor einen Kadi, der nicht mit sich spaßen läßt und den Arzt zu sieben, den Polizisten damals zu vier Monaten bedingter Haft verurteilt hat), bleibt also im Dienst der Menschen tätig, ein Held des Alltags, er fährt weiter Rettung. Ein schönes Gefühl, Menschen retten zu können, Wiener Menschen, die in Wien in Not geraten sind. Der ORF-TV nimmt und gibt zur Kenntnis, daß Andy Weiss ein Held ist und zeigt das auch der Öffentlichkeit. Die Entwicklerin dieses Programms ist „stolz, daß wir sie und ihre harte Arbeit ins Rampenlicht bringen können, genau wie ihre unerschrockenen Persönlichkeiten und ihren unermüdlichen Schmäh.“ So, jetzt bin ich dafür erschrocken und müde, und der Schmäh ist mir auch ausgegangen. Vielleicht kommt er ja zurück, sonst muß ich die Rettung holen, hoffentlich ist ihm nichts passiert, ich hänge doch so an ihm! 

 


Cheibani W. © 2003 Elfriede Jelinek


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